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Schiedsgerichtsbarkeit

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Ablehnung, Abberufung, Absetzung, Rücktritt, Ersetzung eines Schiedsrichters

Rechtsgebiet:
Schiedsgerichtsbarkeit
Stichworte:
Schiedsgerichtsbarkeit
Autor:
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG

Ablehnung

Massgebend für die Ablehnung von Schiedsrichtern ist in erster Linie die Schiedsvereinbarung (IPRG 179 I). Ein Schiedsrichter kann abgelehnt werden (IPRG 180 I):

  • wenn er nicht den von den Parteien vereinbarten Anforderungen entspricht;
  • wenn ein in der von den Parteien vereinbarten Verfahrensordnung enthaltener Ablehnungsgrund vorliegt, oder
  • wenn Umstände vorliegen, die Anlass zu berechtigten Zweifeln an seiner Unabhängigkeit und Unparteilichkeit geben.

Das Schiedsgericht als Ganzes kann abgelehnt werden, wenn eine der Parteien überwiegenden Einfluss auf die Ernennung der Mitglieder hatte (Verletzung des Grundsatzes der Parität).

Eine Partei kann einen Schiedsrichter, den sie ernannt hat oder an dessen Ernennung sie mitgewirkt hat, nur aus Gründen ablehnen, von denen sie trotz gehöriger Aufmerksamkeit erst nach dessen Ernennung Kenntnis erhalten hat (IPRG 180 II).

Die Parteien können das Ablehnungsverfahren in der Schiedsvereinbarung frei vereinbaren. Haben sie eine Schiedsordnung vereinbart, gilt das Ablehnungsverfahren in dieser. In Schiedsordnungen ist der Entscheid über die Ablehnung oft einer privaten Stelle übertragen. Gegen den Ablehnungsentscheid einer von den Parteien vereinbarten privaten Stelle ist kein Rechtsmittel möglich. Eine Überprüfung ist nur im Rahmen der Anfechtung des Schiedsentscheides nach IPRG 190 II lit. a möglich.

Wurde nichts anderes vereinbart und ist das Schiedsverfahren noch nicht abgeschlossen, ist das Ablehnungsgesuch schriftlich und begründet innert 30 Tagen seit die gesuchstellende Partei Kenntnis vom Ablehnungsgrund hat oder bei gehöriger Aufmerksamkeit haben konnte an das abzulehnende Mitglied des Schiedsgerichts zu richten und den übrigen Mitgliedern des Schiedsgerichts mitzuteilen (IPRG 180a I). Die Unterlassung der rechtzeitigen Mitteilung des Ablehnungsgrundes an das Schiedsgericht hat zur Folge, dass das Ablehnungsrecht verwirkt. Der Ablehnungsgrund ist auch den anderen Parteien unverzüglich mitzuteilen.

Die gesuchstellende Partei kann innert 30 Tagen seit Einreichung des Ablehnungsgesuchs beim staatlichen Gericht die Ablehnung verlangen. Das staatliche Gericht entscheidet endgültig (IPRG 180a II).

Während des Ablehnungsverfahrens kann das Schiedsgericht das Verfahren ohne Ausschluss des abgelehnten Mitglieds bis und mit Entscheid weiterführen, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben (IPRG 180a III).

Abberufung

Die Abberufung richtet sich nach der Vereinbarung der Parteien (IPRG 179 I). Haben Sie eine Schiedsordnung vereinbart, kann diese Regeln über die Abberufung enthalten.

Den Parteien steht es frei, jederzeit durch Übereinkunft einen oder mehrere Schiedsrichter abzuberufen, d.h. das Amt des betreffenden Schiedsrichters zu beenden (IPRG 180b I). Eine einseitige Abberufung ist nicht möglich; die Zustimmung aller Parteien ist erforderlich. Für die Abberufung sind keine besonderen Gründe erforderlich.

Ist ein Schiedsrichter nicht in der Lage, seine Aufgaben innert nützlicher Frist oder mit der gehörigen Sorgfalt zu erfüllen, und haben die Parteien nichts anderes vereinbart, kann eine Partei schriftlich und begründet beim staatlichen Gericht die Abberufung verlangen. Das staatliche Gericht entscheidet endgültig (IPRG 180b II).

Wird ein Schiedsrichter abberufen, muss er ersetzt werden.

Absetzung

Ein Schiedsrichter kann unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag einer Partei abgesetzt werden. Die Absetzung erfolgt gemäss der Schiedsvereinbarung oder mangels einer Regelung der Absetzung durch den staatlichen Richter (IPRG 179 I). Haben die Parteien eine Schiedsordnung vereinbart, richtet sich die Absetzung nach den Regeln in dieser (z.B. Art. 12 Swiss Rules).

Die Parteien können vereinbaren, dass der Entscheid über die Absetzung von einer privaten Stelle vorgenommen wird und die Gründe definieren, die zu einer Absetzung berechtigten.

Eine Absetzung kommt in Frage, wenn die Fortführung des Schiedsverfahrens mit dem betreffenden Schiedsrichter nicht zumutbar ist. Das ist bspw. der Fall, wenn der Schiedsrichter seinen Verpflichtungen nicht nachkommt oder erkrankt.

Der abgesetzte Schiedsrichter ist zu ersetzen.

Rücktritt

Im IPRG ist der Rücktritt eines Schiedsrichters nicht geregelt. Die Parteien können den Rücktritt von Schiedsrichtern in der Schiedsvereinbarung regeln. Regeln über den Rücktritt können sich aus einer vereinbarten Schiedsordnung ergeben. Geregelt werden kann:

  • Voraussetzungen für den Rücktritt
  • Vorgehen des Schiedsrichters (Adressaten des Rücktritts)
  • Entscheidungsgremium (Prüfung und Genehmigung od. Ablehnung Rücktritt)

Auch wenn über den Rücktritt keine Regeln aufgestellt sind, muss für die Schiedsrichter ein Rücktritt aus wichtigen Gründen möglich sein (bspw. freiwilliger Rücktritt bei Wegfall der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit). Liegt keine Vereinbarung vor, entscheidet der staatliche Richter über die Zulässigkeit des Rücktritts (IPRG 179 II).

Tritt ein Schiedsrichter zurück, ist er zu ersetzen.

Ersetzung

Wenn ein Schiedsrichter vor Beendigung des Schiedsverfahren durch Vereinbarung der Parteien oder durch Entscheid ausscheidet, muss er ersetzt werden, damit das Schiedsverfahren mit einem korrekt zusammengesetzten Schiedsgericht weitergeführt werden kann.

Die Ersetzung von Schiedsrichtern richtet sich bei Schiedsgerichten mit Sitz in der Schweiz nach der Parteivereinbarung, allenfalls nach einer Schiedsordnung, wenn eine solche vereinbart wurde (IPRG 179 I).

Liegt keine Vereinbarung vor, kann der Richter am Sitz des Schiedsgerichts angerufen werden (IPRG 179 II). Die Ersetzung erfolgt im gleichen Verfahren wie für die Ernennung, wenn keine Vereinbarung vorliegt (IPRG 179 III; ZPO 251a lit. a).

Kann der Schiedsrichter nicht nach den Regeln über die Ernennung ersetzt werden, wird das Mitglied durch das zuständige staatliche Gericht ernannt (ZPO 251a lit. a).

Hinweise:

Können sich die Parteien nicht darauf einigen, welche Prozesshandlungen, an denen das ersetzte Mitglied mitgewirkt hat, zu wiederholen sind, entscheidet darüber das Schiedsgericht (ZPO 371 III).

Während der Dauer des Ersetzungsverfahrens steht eine allfällige Frist, innert welcher das Schiedsgericht zu urteilen hat, mangels anderslautender Vereinbarung der Parteien nicht still (ZPO 371 IV).

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